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Predigt

Christkönigstag

2/18/2022 (Robert Fischbacher, Überall)

Liebe Gemeinde,

wenn man Kinder fragt: "Wie sieht ein König aus und was macht ein König?", dann fallen die Antworten meist ziemlich eindeutig aus: "Ein König hat eine Krone. Er hat einen prächtigen Mantel, einen goldenen Stab in der Hand, manchmal ein Schwert und vor allem sitzt er auf einem erhobenen Thron; er wohnt in einer Burg oder in einem Schloss; er ist ganz wichtig und sagt den Menschen, was sie tun sollen und was nicht; manchmal führt er Kriege; er ist reich und hat viel Geld. Und er kann sich nahezu alles leisten."

So oder so ähnlich lauten die Antworten der Kinder. Für sie ist das alles klar: Könige sind etwas Tolles, Glänzendes. Und manch einer träumt wohl davon, selbst einmal König oder Prinzessin sein zu dürfen. Für uns Erwachsene ist das etwas anderes. Wir denken eher an die wirklichen Könige und Adeligen, die es in Europa noch gibt, die wir aber höchstens aus der Regenbogenpresse kennen, wenn eine prächtige Hochzeit gefeiert wird oder Skandale breitgetreten werden weil ein Prinz wieder mal an einen Pavillion gepinkelt oder mit Regenschirmen um sich geprügelt hat. Es ist schon verrückt, was man sich als König oder Adeliger alles leisten kann. Auf jeden Fall aber hat kein König dieser Welt etwas mit unserem Alltagsleben zu tun.

Und trotzdem sollen wir heute den Christkönigstag feiern. Können wir heute mit dem Begriff oder Titel „König“ in Blick auf Jesus überhaupt noch etwas anfangen? Jesus war sicherlich kein König, wie sich ihn unsere Kinder vorstellen - mit Krone, Zepter, Schwert und viel Reichtum. Und er hat ganz sicher auch nichts mit den Königen der Gala und Bunte zu tun, die eben nur dann interessant werden, wenn etwas scheinbar Märchenhaftes oder Skandalöses zu berichten ist. Aber was müssen wir uns dann unter diesem König namens Jesus vorstellen? Was soll das für ein König sein?

Ähnliche Fragen stellte Pontius Pilatus im heutigen Evangelium. Er fragt "Bist du der König der Juden?" In diesem Moment spricht einer, der ziemlich klare Vorstellungen von einem König und seiner Macht hat. Nur spricht hier aber auch einer, der Angst davor hat, dass dieser König eine Gefahr darstellt, für die römische Herrschaft und seine ganz persönliche Macht und Position. Pilatus hat Angst vor Jesus, obwohl dieser doch so hilflos erscheint und so gar nichts von einem König hat. Aber Pilatus muss herausfinden, ob von Jesus Gefahr ausgeht. Und so entwickelt sich das Gespräch zwischen den beiden, in dem immer deutlicher wird, dass Pilatus überhaupt nicht weiß, worum es Jesus wirklich geht. Für ihn ist es unvorstellbar, dass jemand ein Reich hat und sich dabei nicht auf politische Macht stützt. Doch genau darum geht es, wenn wir Jesus den Titel König geben. Wir müssen unsere weltlichen Vorstellungen zurückstellen, denn Jesu Königtum leitet sich von dem ab, für das er steht: für die Botschaft vom Königtum, vom Reich Gottes.

Wer dahinter schaut, was Jesus mit diesem Reich meint, erfährt auch mehr von dem, was für eine Art König er ist. Im Gespräch mit Pilatus macht er dabei eines unmissverständlich klar: Es ist kein Königtum von dieser Welt, in dem Gewalt und Kampf zählen. Es ist ein Königtum, das ganz andere Maßstäbe setzt. In seinen Worten und Taten hat Jesus dies immer wieder gezeigt. Er schaut nicht auf Macht und Einfluss und lässt sich nicht davon leiten. Er lässt sich nicht vor einen Karren irgendeiner Interessengruppe spannen. Er bleibt nur der Botschaft verpflichtet, dass Gott allen Menschen nahe sein und für sie Gutes möchte. Er möchte heil machen, was bei Menschen der Heilung bedarf. Er möchte aufheben, was Menschen untereinander und von Gott trennt. Er möchte für alle ein erfülltes Leben, ein Leben in Fülle. Und dies alles gilt heute genauso wie damals. Deshalb ist Jesus andere Wege gegangen, die für einen weltlichen König nicht vorstellbar wären.

Und dann kommt mir noch ein anderer Gedanke: Warum überhaupt hat Gott seinen Sohn als kleines, schwaches Baby in die Welt gesetzt? So verletzlich und schwach? Wieso hat er ihn nicht einfach vom Himmel gesandt, stark, unbesiegbar, gutaussehend, toll - eine Art Superman mit magischen Superkräften? So hätte er doch viel mehr bewirken können, er hätte viel mehr Publicity gehabt, die Leute wären ihm nachgerannt wie einem Popstar. Mit seinem Zauberschwert hätte er die, die ihn kreuzigen wollten schlagend vernichtet – und er hätte ewig leben können, schließlich ist er ja auch Gottes Sohn.

Stattdessen aber schickt Gott einen kleinen, schwachen Säugling, der in einer armseligen Krippe geboren wird und von armseligen Leuten großgezogen wird. Sollte daraus etwa etwa einmal König werden? Und am Ende lässt Gott es auch noch zu, dass Jesus geschlagen, gedemütigt, mit Dornen gekrönt, gefoltert und ans Kreuz genagelt wird. Warum in aller Welt ließ Gott das zu?

Weil Gott uns zeigen wollte, dass Jesus zu Lebzeiten so war wie wir. Verletzlich. Unvollkommen. Liebesbedürftig. Am Tage seines Todes war Jesus im Garten Gethsemane ängstlich und zweifelnd. Er hatte einfach nur Angst. So gar kein Superheld. Er war eben jemand mit Stärken und Schwächen. Eben so, wie wir. Aber Jesus hat uns gezeigt, wie man jedes Problem mit den stärksten Waffe der Welt bekämpfen kann: Mit seiner unendlichen Liebe und seiner Gabe, Verzeihen zu können. Sogar jenen, die ihn gefoltert haben hat er verziehen, wie später auch Stephanus: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an. Herr vergib‘ ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Jesus selbst hat nie jemandem weh getan.

Wenn auch wir versuchen das tun, was Jesus uns vorgelebt hat, niemanden weh zu tun, zu verzeihen, niemals zu hassen, unsere Nächsten so zu lieben wie uns selbst, dann sind auch wir nach unserem Tod kleine Könige in Gottes Himmelreich. Amen.